Wieviel Urlaub verträgt die Umwelt?

 

Experten suchen auf der Reisemesse ITB nach einer Antwort

 

Auf der diesjährigen Internationalen Touristikbörse (ITB) wurde mal der Frage nachgegangen, ob Geld tatsächlich die Welt regiert oder nicht, während einer Fachveranstaltung. Sind es doch riesige Kapitalströme, die jedes Jahr in der Reisebranche bewegt werden. So wird Geld investeriert, Gewinne werden eingestrichen. Es geht in dem Zusammenhang aber vor allem darum, in welche Projekte investiert wird und wie nachhaltig die Inverstitionen sind. Da habe es in der letzten Zeit ein gewisses Umdenken gegeben. Denn Umweltkosten und Nachhaltigkeit können heutzutage nicht mehr außer Acht gelassen werden, weiß Volker Weber, Vorsitzender des Vorstands des Forums Nachhaltige Geldanlagen e.V. mit Sitz in Berlin, dem Fachverband für ökologische, ethische und soziale Investments. Tatsächlich ändern würde sich in Sachen Umwelt also erst etwas, wenn Kapitalstörme sinnvoll in Richtung Nachhaltigkeit umgeleitet würden und auf Umweltbelange Rücksicht genommen werde.

 

Es sei eine unangenhme Wahrheit. "Denn die finanziellen Schäden durch den Klimawandel nehmen immer mehr zu, der CO2-Anstieg werde zum finanziellen Risiko. Ratingmodelle für Kapitalanlagen berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien und so können Investoren Billionensummen von ´schmutzigen` in ´saubere` Unternehmen lenken", hofft Jörg Andreas Krüger vom WWF. Wir würden jährlich 60 Prozent mehr Naturreserevn verbrauchen, als der Planet hergibt. Außerdem seien fast 60 Prozent der Populationen verschwunden, fügt Krüger noch hinzu.

 

"Over-Tourism"

 

Doch ist es mit der Nachhaltigkeit im Reisesektor noch weit allzu weit gediehen. In der Praxis liegt vieles noch im Argen. "Statt den nächsten Wachstumsrekorden hinterher zu eifern, wird es dringend Zeit, den Tourismus daran zu messen, welche Auswirkungen er auf soziale Gerechtigkeit, Menschen- und Arbeitsrechte vor Ort und den globalen Klimawandel hat", fordert Brot für die Welt. Denn noch nie verreisten so viele Menschen weltweit. In einigen Ländern verdoppelten sich die Gästezahlen innerhalb weniger Jahre. "Over-Tourism", also ein Zuviel an Tourismus, ist ein neuer Begriff, der in den letzten Jahren Einzug ins touristische Vokabular fand. Einige Länder ächzen schon unter dem Ansturm an Touristen, oft komme es zu Engpässen bei der Wasserversorgung und zu Landrechtskonflikten. Schließlich verschärfe das ungezügelte Wirtschaftswachstum die Konkurrenz um knappe Ressourcen. In touristischen Destinationen wie Venedig und Barcelona wehren sich die Menschen schon gegen den für sie unerträglich gewordenen "Over-Tourism". Viele Tourismusplaner reagieren darauf mit neuen Besucherlenksystemen, veränderten Öffnungszeiten oder dem Neubau von Kreuzfahrtterminals außerhalb der Städte. "Das sind hilflose Versuche, denn sie setzen nur technisch an den Symptomen an, nicht an den Ursachen", so Antje Monshausen von Brot für die Welt.

 

Fahrrad als Alternative?

 

Es geht auch anders: Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub legte auf der ITB 2018 die neuesten, sehr ermutigenden Zahlen zum Fahrradtourismus und überhaupt zur Nutzung des Fahrrads vor. Nach der neuesten Untersuchung fahren immerhin 76 Prozent der Deutschen mit dem Rad. 51 Prozent nutzen es sogar für Ausflüge und Reisen.

 

Mit sehr kritischen Anmerkungen meldete sich der bekannte Wachstumskritiker, Professor, Dr. Niko Peach, auf der diesjährigen ITB bei einer Fachveranstaltung zu Wort. "Wir leben über unsere Verhältnisse. Wir maßen uns an, andere Völker unsere ruinöse Lebensweise aufzuzwingen. Natürlich brauchen wir Außenkontakte. Doch meint er damit nicht die Shoppingtouren. Dieser ganze ruinöse Luxus und immer mehr Wachstum sei für ihn vergleichbar mit der "spätrömischen Dekadenz". Der Luftverkehr wurde dermaßen hochgepuscht. Mittlerweile benutzten wir Flugzeuge wie Taxis, kritisiert Prof. Peach. Etwa 2,5 Tausend Tonnen CO2 pustet ein einziger Flug in die Luft, warnt er. Doch gebe es endlich ein Umdenken. Das Fahrrad erfreue sich als Fortbewegungsmittel immer größerer Beliebtheit. Auch lobte er die vielen Urban Gardening Projekte in vielen Großstädten, bei denen von Anwohnern direkt vor Ort Obst und Gemüse angebaut würden. Dadurch sei regionales Obst und Gemüse ohne lange Transportwege erhältlich.

 

Volker Voss